Jürgen Linneweber
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2006 - 10 Jahre Einschnitte - Dortmund

Ausstellung in Dortmund „10 Jahre Gruppe Einschnitte“

EINSCHNITTE ’96 Stichworte zum 10jährigen

Wer dabei war und sich erinnert: Bei der letzten Ausstellung 2002 in Ladbergen wurde von unserem Haus-Hof- und Vertragsredner Wilfried Gerritzen bereits unser umwerfendes kunsttheroretisches Manifest vorgetragen. Davon heute weniger. Denn leider konnten wir ihn zum heutigen Tage nicht verpflichten. Machen wir das Beste draus. Nun ist dies jetzt ja auch ein runder Geburtstag, gute Gelegenheit zu einem Rückblick über einschneidende Einschnitte der Gruppe „Einschnitte“. So begann es: Irgendwann waren irgendwo etliche Stechbeitel über. Warum Einschnitte?: Der Name „Einschnitte“ wurde vor unserer Ausstellung „2002“ (Thema Überschneidungen) geprägt. Die Idee dabei: Nach gründlichem Entrinden am Freitagabend (hielten wir damals noch für unabdingbar) blieb gerade mal noch Zeit für den ersten entscheidenden Einschnitt. Ein einzelner simpler Kettensägenschnitt sollte eine Vorahnung bzw. Vorentscheidung für das zu entstehende Werk bieten.

Darüber hinaus machten wir damit klar, dass der Einschnitt fast wichtiger ist, als das was stehen bleibt: Kunst ist das was weggenommen wird. Diskussionswürdig war dann aber auch wieder die Gegenrede: Vielleicht werden wir beim Verkauf ja auch nach Gewicht bezahlt? „Einschnitt“ aber auch wegen unserem äußerst strukturierten Vorgehen bei der Zeiteinteilung: Anreise freitags ab 16.00 Uhr – Auswahl des Holzes: Obstbäume aus Nachbars Garten, besonders geeignet - Entrinden – Bildhauermahlzeit – erster Kettensägenschnitt – Auflösung der festeren Substanzen von flüssigerem bis zur anschließenden kunstphilosophisch sublimen Vergeistigung, unter dem Zeichen der Metamorphose des Apfelbaums (calvadosgestützt). Ort des Ganzen in Unna bei Jochen, davon später. Samstag dann: Einschnitte auch was die Werkzeuge betraf: Nicht jeder hatte damals eine Kettensäge, anfangs wurden wir von Jupp aus Dortmund mit ein zwei Sägen gesponsert, da gab`s feste Zeiten, wann man dran durfte. Einschnitte der Ruhe: Konsequent strikte Einhaltung der Mittagszeiten. Als Temperenzler: Feste Trinkzeiten: Keinen Tropfen vor morgens vor elf. „Is wieder soweit?“ – war Bestandteil der Einschnitte Arbeitszeit-Therapie. Aus verschiedensten Gründen wurde diese Art der Einschnitte später anders gesetzt. Ruhepausen ergaben sich dann ad hoc mittels Blickkontakt sowie durch versetztes Ausschalten der Kettensägen gefolgt von kontemplativen Momenten des Schauens auf das Erreichte. Gespräche mit Trend zum Kurzdeutsch. Auch hier war reduzieren gefragt. Einschnitte. Akzentsetzungen erfolgten regelmäßig auch am Samstagnachmittag. Sprach Sabine Töpperwien im Radio hatte die Säge zu schweigen. Arbeitsrhythmus: exzessiver Geräteeinsatz – insbesondere Flex (Finish angesagt) im Wechsel mit Sportreportagen.

Mit Aufkommen des Indoor-Sägens kam es anschließend schon mal zu Nacht-Sessions. Abendliche Einschnitte: Duschzeiten ab 18.00h, für jeden genau eingeteilt, danach Essen gehen oft aus gutem Grund zu Fuß 20 Minuten hin 20 Minuten zurück. Sonntags wurde aufgeräumt, Sägespäne aus dem Rasen geharkt. Abraum immer größer. „Auf den Wech“ Örtlichkeiten: Die erste Zeit - ab 1996 trafen wir uns in Unna Königsborner Straße …. Jochens Domizil: In der Nachbarschaft wurde Wäsche aufgehängt – eine Provokation wenn wir gerade flexen!! So sehen wir das. Schließlich verteilt sich der Flexstaub naturgemäß sogar durch den Wind auf die andere Häuserseite und wir sollen das dann Schuld sein. Hoffest Thema „Artgerecht“ in Hörstel. Der Bauer mit Hofladen und Restauration bediente uns fürstlich. Öffentliches Kettensägen. Er hätte gern ein Schwein geschnitzt bekommen. Bekam er aber nicht. Schweine als Kunstobjekte sollte es aber dank Karsten später geben. Seit 2003 arbeiten wir in Rheine auf einem Schulgelände. Dafür sponsert Karsten den Förderverein noch mal extra. In der Musik würde man von so einer Art Band sprechen, die jetzt zunächst einmal vorzustellen wäre. Auch wir haben ja so unsere Instrumente und Eigenarten. Karl: Trend zu kubischen Formen, neuerdings mit Ausrichtung zum Objektdesign (Kunst als Möbelstück), verfügt über kunsthistorischen Background, weiß z.B. warum Giacomettis Objekte eigentlich nicht als Skulpturen gelten und hat begründete Zweifel an der political correctness von Brancusi.

Karl beteiligte sich außerdem an Performances Malerei und Musik (Jazz) bei denen auch legendäre Kettensägenaktionen den Zeitcharakter der Malerei dokumentierten. Video auf Anfrage. Karsten Ausstellungsorganisator Kunstcafe Ladbergen Aktionen auf Kunsthandwerkermessen mit Presseberichten. Pressezitat: „Wenn Karsten Beschoner seine Kettensäge anwirft…“ Stichwort Schweine für die CDU in Emsdetten oder Rheine?? Pressebericht: „Schweinerei mit den Schweinen.“ Karsten baute nämlich fahrbare Holzschweine mit Kunststoffrädern für die Fußgängerzone, von der CDU gesponsert. Karsten zeigt sich selbst auf seiner Visitenkarte mit OP-Mundschutz (Atemschutz beim Flexen) Uli begann künstlerische Tätigkeiten mit Maltechniken im Stile Roy Lichtensteins. Seine Arbeiten manifestieren sich in massig-massiver Materialität von sensibler Ausdruckskraft (Denker, Engel). Er zeigt sich als logistisches Genie in Bezug auf Ausrüstung, Arbeitsmaterial, stets geschliffenen Ketten, Versorgung mit Holz, professionellen Laubgebläsen und Kehrmaschinen nebst Containern für den Abraum.

Jürgen zersägt gerne Bäume zu langen Brettern mit dem Argument, man muss sein Material so zurechtarbeiten, dass man sein Arbeitsergebnis allein – notfalls zu zweit getrost nach Hause tragen kann. Länge spielt keine Rolle, in den Peugeot 106 passt bei offener Klappe alles rein.

Er betrachtet das Ausgangsmaterial als skulpturales Rohrschachgebilde denen er zuweilen eine zerfurchte Gestalt mit teils schrundigen Oberflächen gibt. Jupp, ehemaliges Mitglied ließ dereinst tonnengewichtigen Baumteil (Durchmesser ca. 1,80m) mit einem Tieflader zu seinem Anwesen kommen. Mittels altägyptischer Roll- und Hebetechniken bewegten wir das Teil dann auf seinem Grundstück zum vorgesehen Platz – ob die dinosaurierartige Größe zum Aufhören bewog oder die Bedenken seiner Frau. Er sollte einfach minimieren und wieder mitmachen. Jochen gleichfalls Ex-Mitglied, stellte sein Unneraner Anwesen zur Verfügung. Er kochte das Bildhauermahl (zum Beispiel Steinbeißer in Salzkruste). Lachte viel, konnte aber auch laut Scheiße schreien. Er flämmte gerne, stellte große Köpfe her. 1999 Ausstellung in einer Dortmunder Kirche. - „Kopf-Räume“ - Jochen machte Kunst-Sessions und Performance-Aktionen in Malerei gemeinsam mit Karl sowie mit Musikern. „Experimente, Klangfarben – Farbklänge, Jazz trifft Malerei“ hießen die Ereignisse und fanden 1998 und 1999 in der Ökostation Bergkamen statt (Videos noch erhältlich). Man konnte die Objekte beinahe kostenlos erwerben, es waren nur die der Signier-Buchstaben zu bezahlen, und die kosteten… Aber schließlich wurden die Bilder vor der im Jahr zuvor erlebten Zermarterung durch die Kettensäge gerettet.

Günni (Günther Schell) ehemaliges Mitglied, Schwabe, führte in der Gruppe das Flexen ein. Er stellte große glatt geflexte Gebilde her, die mit riesigen von Hand gearbeiteten Eichendübeln montiert wurden. Die Künstlerfrauen betrachten die Tätigkeiten ihrer Männer mit Gefühlen zwischen Wertschätzung und Skepsis. Wertschätzung, weil der Mann nach einem Holzwochenende meist zufrieden nach Hause kommt. Skepsis, weil die oft raumfordernden Objekte ja irgendwo hin müssen. Besondere Anerkennung und Dankwort an Regine. Gäste, geschlechtsspezifisches: Nicht komplett ausdiskutiert ist die Frage: Ist das eine Künstler-Männergruppe? Ausschließlich ohnehin nicht, wir hatten zumindest auch schon Frauen als Gäste dabei. Gäste sind bei uns immer wieder gern gesehene Leute, die mal zeitweilig mitmachen oder sich der prinzipiell offenen Gruppe anschließen wollen.

Von Künstler-Frauengruppen weiß ich, dass sie die Ausschließlichkeit manchmal schätzen, weil sie bei sich ergebenen anatomischen Fragestellungen weniger Hemmungen haben spontan Modell zu stehen. Kam bei uns aber bisher noch nicht vor. Wetter: Klirrende Kälte im Februar. - Regen: Kettensägen unterm Baldachin. Tropische Hitze beim Hoffest „Artgerecht“. Der Trend ging dann aber auch zum Indoor-Kettensägen. Verkäufe, Geschäfte; Ausstellungen Wir sind, Verzeihung unsere – Exponate, sind käuflich Verkauft wurden z.B. kinetisches Pendel Objekt, Schwangere für eine gynäkologische Praxis, Schweine für die CDU - wir schämen uns vor nichts. Denkbar wäre z.B. auch ein überdimensionierter Backenzahn aus Ebenholz als Sitzgarnitur für die Zahnarztpraxis (Wartezimmerbereich). Tauschhandel: Auch das kommt hin und wieder vor: Gelegentlich besuchen uns Zaungäste und gucken, wollen aber Abfallholz als Brennholz abzocken. Wir bekamen schon mal ein Glas selbst eingemachte Essiggurken dafür. Trinken am besten aus Bügelflaschen (Staub!) Einschnitt: Veränderung des Naturerlebens.

Anblick und Gespräche über Bäume- hoffentlich kein Verbrechen zu fragen: „Was ist da drin?“ Weitere Frage nach Verarbeitung des Baumes zum Objekt: „…wusste vorher gar nicht dass das da drin war“ Flämmen: (Vorliebe von Jochen) anfangs mit kleinen Multigas-Kartuschen, später mit 30 Liter-Propangasbehältern. (Verkohlung macht haltbar) Experimentieren: auch mal eine Figur, die nicht richtig kohlte mit Benzin? übergossen. Kam nicht so gut, war vorher nämlich mit Farbe versehen worden. Stank. Maschinen- und Zubehörpark Sukzessive erweitert Kettensägen, Flex, Spezialbandschleifer mit fingerbreitem Schleifband, handgeschweißte Bohrerverlängerungen bis zu 1m für 30cm Forstnerbohrer. Verpönt: Dremel und ähnliche Minigeräte, weil wir nicht in klein-klein arbeiteten. (Auch hier gibt’s inzwischen Veränderungen). Leihweise professionelle Rucksack-Laubgebläse.

In 10 Jahren noch keine einzige Verletzung .

 

 

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